Texte

O-Ton Kulturmagazin
10. 05.23

„Zugpferd Gesamtkunstwerk”

Meer und Himmel hör ich singen

Es muss nicht immer die Galerie sein, um Kunstwerke zu präsentieren. Galerist Bernd Lausberg hat sich etwas Besonderes einfallen lassen, um die neueste Arbeit von Friederike Näscher zu zeigen. Der Erfolg spricht für sich. Der Saal ist bis auf den letzten Platz besetzt, und nach dem offiziellen Teil denkt hier lange keiner der Besucher daran, nach Hause zu gehen.

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Hamburger Abendblatt, 28.12.22

„Wie sah Heine wirklich aus?
Artikel über die Ausstellung „Von Angesicht zu Angesicht – Heinrich Heine in Portraits“

Link zum Artikel

Interview im Alethea Magazine, 04/2023

News from Friedrike Näscher, Düsseldorf artist and great admirer of Heinrich Heine. She is exhibiting at the Heine-Haus in Hamburg until 26 September 2023 in the exhibition „Von Angesicht zu Angesicht. Heinrich Heine in Portraits.“

Interview im Alethea Magazine, 09/2022

„Friederike Näscher, collector of visual events Shape, colour, light and reflection Transluzent & Heine-Zyklus”

Rheinische Post, 04/2019

„Barbara Schwarzer und ihre Schwester lieben die Kunst”

Westdeutsche Zeitung, 03/2019

„Zwei Schwestern mit Künstler-Gen”

Dr. Gerhard Höhn, 09/2018

Vorwort des Publizisten und Heine-Forschers (Auszug).
„Heines Verse, Näschers Farben”

Illustrationen von Heines Werken entwickelten sich Jahrzehnte nach dem Tod des Dichters zu einem Modephänomen, Auftakt zu einer kontinuierlichen Geschichte. Dabei haben sich Künstler verschiedenster Richtungen auf einzelne Szenen und Bilder konzentriert, um sie mit unterschiedlichen Einstellungen und Techniken detailreich auszuschmücken. So erschienen in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zahlreiche, prachtvoll ausgestattete Werkausgaben, die in biedermeierlichem Geschmack ausgeschmückt sind.

Eine ernsthafte Bildtradition entstand erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit Bebilderungen im Stile von Impressionismus, Jugendstil und Expressionismus. Nennenswerte Illustrationen stammen z. B. von Julius Pascin zu Schnabelewopski (1910), Kurt Tuch und Max Liebermann jeweils zum Rabbi von Bacherach (1913 und 1923). Liebermann hat 33 Lithographien gefertigt. Nicht zu vergessen El Lissitzkys Farblithographien zum „Chad Gadya“ („Lied vom Zicklein“) (1919) – Viel später, in der DDR, setzte Max Schwimmer mit kongenialen Federzeichnungen zum Wintermärchen diese Tradition fort (zuerst 1953). – Zuletzt erneuerten der Cartoonist Hans Traxler sowie der Künstler Alfred Hrdlicka dieses Genre (Hrdlicka: Heinrich Heine. „wir haben viel für einander gefühlt“, Aquarell auf Bütten, 2006).

Neu und erstmalig finden wir eine bildhafte Heine-Begegnung ganz anderer Art in Friederike Näschers Werken. Ihre künstlerische Technik wurzelt in der Tradition der Fotogramme, die sie mit den heutigen Möglichkeiten digitaler Werkzeuge zu einer Komposition aus Fotografie, Grafik und Zeichnung verdichtet. Dabei scheint sie stets einer ganz eigenen, lichten Farbästhetik zu folgen. Sie hat den Mut, von innen her aufs Ganze zu gehen. Sie taucht in die Grundstimmung der Gedichte ein und assoziiert diese mit Farben und Formen. Sie sieht die Gedichte im Ganzen und reagiert intuitiv auf synästhetische Weise.

Verglichen mit der bekannten Bildtradition erscheinen Näschers Fotogramme auf den ersten Blick abstrakt. Bei genauerem Hinschauen entdeckt man aber immer wieder Realitätssplitter, die assoziativ Aspekte der Gedichte aufgreifen und diese harmonisch in die bildliche Inszenierung einbinden. So findet sich das verspottete Fräulein am Meere in einer dunklen Gestalt wieder. An anderer Stelle flattert eine schemenhafte Möwe durchs Geschehen oder Schmetterlingsflügel werden spürbar. Nächtliche Bäume stehen quer im Bild. Beim Titelmotiv lässt die Künstlerin Wellen und Orgelpfeifen ‚rauschen‘.

Die ganze Originalität der Fotogramme zeigt sich jedoch an der Art, in der sie die Crux der bisherigen Heineillustrationen (und auch der Vertonungen) zu lösen versucht haben. Friederike Näscher ist es gelungen, das Spezifische der frühen Lyrik mit ihren Rissen und Brüchen durch farbliche sowie kompositorische Kontraste sichtbar werden zu lassen. In Näschers Fotogrammen muss sich das Leichte und Schwebende der Heine’schen Frühlyrik nicht mit stereotypen Formen oder starren Schwarz-Weiß- Strichen vertragen, sondern erfüllt sich in flirrenden Farben und kompositorischer Dynamik.

Gerhard Höhn, Düsseldorf, September 2018

Illustrations of Heine’s works developed decades after the poet’s death into a fashion phenomenon, the prelude to a continuous history. Artists from a wide variety of backgrounds focused on individual scenes and images, embellishing them in rich detail with different settings and techniques. Thus, in the second half of the 19th century appeared numerous, magnificently decorated editions of works, embellished in Biedermeier taste.

A serious pictorial tradition did not emerge until the beginning of the 20th century with illustrations in the style of Impressionism, Art Nouveau and Expressionism. Notable illustrations include those by Julius Pascin on Schnabelewopski (1910), Kurt Tuch and Max Liebermann each on Rabbi von Bacherach (1913 and 1923). Liebermann produced 33 lithographs. Not to forget El Lissitzky’s color lithographs to the „Chad Gadya“ („Song of the kid“) (1919) – Much later, in the GDR, Max Schwimmer continued this tradition with congenial pen drawings to the Winter’s Tale (first 1953). – Most recently, cartoonist Hans Traxler and artist Alfred Hrdlicka renewed this genre (Hrdlicka: Heinrich Heine. „we felt a lot for each other,“ watercolor on handmade paper, 2006).

New and for the first time, we find a pictorial Heine encounter of a completely different kind in Friederike Näscher’s works. Her artistic technique is rooted in the tradition of photograms, which she condenses with today’s possibilities of digital tools into a composition of photography, graphics, and drawing. In doing so, she always seems to follow a light color aesthetic all her own. She has the courage to go all out from the inside. She immerses herself in the basic mood of the poems and associates them with colors and forms. She sees the poems as a whole and reacts intuitively in a synesthetic way.

Compared to the well-known pictorial tradition, Näscher’s photograms appear abstract at first glance. On closer inspection, however, one repeatedly discovers slivers of reality that associatively take up aspects of the poems and harmoniously integrate them into the pictorial staging. Thus the mocked Fräulein am Meere finds herself in a dark figure. Elsewhere, a shadowy seagull flutters through the action or butterfly wings become perceptible. Nocturnal trees stand across the picture. In the title motif, the artist makes waves and organ pipes ‚rush‘.

The full originality of the photograms, however, can be seen in the way they have tried to solve the crux of the previous Heine illustrations (and also the settings). Friederike Näscher has succeeded in making visible the specificity of early poetry with its cracks and fractures through color as well as compositional contrasts. In Näscher’s photograms, the lightness and floating of Heine’s early poetry does not have to make do with stereotypical forms or rigid black-and-white strokes, but is fulfilled in shimmering colors and compositional dynamics.

Gerhard Höhn, Düsseldorf, September 2018

Prof. Dr. Karl Clausberg, 09/2018

Vorwort des Kunst-& Bildwissenschaftlers Prof. Dr. Karl Clausberg (Auszug)
„Heine-Lyrik in Photogrammen”

Läßt sich Lyrik, die so offenbar von besonderen Sprachbildern, Rhythmen und Klängen lebt, in unbewegt gegenstandslosen Farbdrucken erfassen? Solche Unternehmen schienen lange Zeit an die Grenzen disziplinierter Künste und Wissenschaften zu stoßen. Die Unterschiede zwischen Empfindungen, welche verschiedenen Sinnen angehören, etwa zwischen blau, süß, warm, hochtönend, seien abgrundtief, verkündete Hermann von Helmholtz 1878.— Wenige Jahre später war die Synästhesie in aller Munde. Das wörtliche Zusammenempfinden unterschiedlicher Sinneserfahrungen meinte vor allem das Hinzuempfinden nicht direkt wahrgenommener Qualitäten.

Schon aus der Antike bekannt war die Halluzination der zischend ins Meer tauchenden Sonne, und in der mittelalterlichen Dichtung fand Jacob Grimm dasselbe Tonbild des rauschend auf- und untergehenden Tagesgestirns. Etwa gleichzeitig, um 1836, hat William Turner unter anderem einen Sonnenuntergang im Meer mit Knurrhähnen [Gurnets], einer keineswegs stummen Fischart, gemalt. Die Heine-Zeit bot also bereits viele Anzeichen einer innigen Durchmischung der Empfindungen. Am Ende des Jahrhunderts sind solche Anmutungen dann in den damals vielbedachten Sammelbegriff der Stimmung eingemündet.

Hier haben im Wahrnehmen auch die gerafften Formen des Vorausschauens und Rückblickens ihre geometrischen Orte, die skizziert, gemalt oder mit anderen Mitteln realisiert werden können.

So gesehen scheint es kaum bessere Visualisierungsvorlagen als die Gedichte Heinrich Heines zu geben, denn sie bieten geschliffene Stimmwechsel und Akzentverschiebungen in gedrängter Fülle. Natürlich sollte man nicht erwarten, direkte Einblicke in die Einfallsarbeit des Sprachvirtuosen zu gewinnen. Aber es zeigen sich Schnittmengen, in denen die unterschiedlichen Produktionsprozesse sich reflektieren. Flüchtiges Auftauchen von Sprach- wie Bildelementen läßt sich analog inszenieren. Auf der bildgebenden Seite ist dafür mittlerweile langeingeübte Vertrautheit mit den neuen Technologien erforderlich. Friederike Näschers Photogramme bieten ihre optischen Anleitungen zum vorübergehenden Verstehen mit der Präzision und Finesse einer Expertin.

Karl Clausberg, Hamburg, September 2019

Is it possible to capture poetry, which so obviously thrives on particular linguistic images, rhythms, and sounds, in motionless, non-objective color prints? Such enterprises seemed for a long time to come up against the limits of disciplined arts and sciences. The differences between sensations belonging to different senses, for example between blue, sweet, warm, high-sounding, were abysmal, Hermann von Helmholtz proclaimed in 1878.- A few years later, synesthesia was on everyone’s lips. The literal feeling together of different sensory experiences meant above all the additional feeling of not directly perceived qualities.

Already known from antiquity was the hallucination of the hissing sun diving into the sea, and in medieval poetry Jacob Grimm found the same sound image of the rustling rising and setting stars of the day. At about the same time, around 1836, William Turner painted, among other things, a sunset in the sea with gurnets [gurnets], a species of fish by no means silent. The Heine period, then, already offered many signs of an intimate intermingling of sensibilities. At the end of the century, such impressions then flowed into the then much-considered collective concept of mood.

Here, in perceiving, also the ruffled forms of looking ahead and looking back have their geometrical places, which can be sketched, painted or realized by other means.

Seen in this light, there hardly seem to be better visualization templates than Heinrich Heine’s poems, for they offer polished changes of voice and shifts of accent in crowded abundance. Of course, one should not expect to gain direct insights into the imaginative work of the linguistic virtuoso. But there are intersections in which the different production processes are reflected. The fleeting appearance of language and image elements can be staged analogously. On the imaging side, this now requires long-practiced familiarity with the new technologies. Friederike Näscher’s photograms offer their optical instructions for temporary understanding with the precision and finesse of an expert.

Karl Clausberg, Hamburg, Dezember 2018