Werke >> Heine-Zyklus
Der 2018 entstandene Heine-Zyklus „Meer und Himmel hör ich singen“, ist eine assoziative Begegnung mit Heines Frühlyrik. Dabei handelt es sich um Fotogramme, die die Künstlerin in oben beschriebener Weise analog inszeniert und digital weiterverarbeitet. Der Zyklus beinhaltet 14 Bilder, die sich in synästhetischer Weise den Versinhalten annähern.
Sie berücksichtigen fünf Zyklen der frühen und mittleren Lyrik Heines: Junge Leiden, Lyrisches Intermezzo und Heimkehr aus dem Buch der Lieder (1827), sowie Neuer Frühling und Verschiedene aus den Neuen Gedichten (1844), bis auf den letzten Zyklus alle in der Tradition der Romantik. Viele dieser Poeme wurden von Robert Schumann in der „Dichterliebe“ vertont.
Dieses besondere Kunst-Projekt bietet eine spannende Gegenüberstellung von Wort und Bild. Mehrschichtige Sinneserfahrungen finden hier zusammen, um die Kraft und Aktualität der Heine‘schen Verse subtil sichtbar zu machen.
Hier sehen Sie eine Auswahl.
The 2018 Heine cycle „Meer und Himmel hör ich singen“ (Sea and Sky I hear singing) is an associative encounter with Heine’s early poetry. The images are photograms that the artist staged in analogue and digitally processed in the manner described above. The cycle contains 14 images that approach the verse contents in a synaesthetic way.
They take into account 5 cycles of Heine’s early and middle poetry: Young Sorrows, Lyrical Intermezzo and Homecoming from the Book of Songs (1827), as well as New Spring and Various from the New Poems (1844), all in the Romantic tradition except for the last cycle. Many of these poems were set to music by Robert Schumann in the „Dichterliebe“.
This special art project offers an exciting juxtaposition of word and image. Multi-layered sensory experiences come together here to subtly reveal the power and relevance of Heine’s verses.
Graue Nacht liegt auf dem Meere,
Und die kleinen Sterne glimmen.
Manchmal tönen in dem Wasser
Lange hingezogne Stimmen.
Dorten spielt der alte Nordwind
Mit den blanken Meereswellen,
Die wie Orgelpfeifen hüpfen,
Die wie Orgelpfeifen schwellen.
Heidnisch halb und halb auch kirchlich
Klingen diese Melodeien,
Steigen mutig in die Höhe,
Daß sich drob die Sterne freuen.
Und die Sterne, immer größer,
Glühen auf mit Lustgewimmel,
Und am Ende groß wie Sonnen
Schweifen sie umher am Himmel.
Zur Musik, die unten tönet,
Wirbeln sie die tollsten Weisen;
Sonnennachtigallen sind es,
Die dort oben strahlend kreisen.
Und das braust und schmettert mächtig,
Meer und Himmel hör ich singen,
Und ich fühle Riesenwollust
Stürmisch in mein Herze dringen.
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
Daß ich so traurig bin;
Ein Märchen aus alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.
Die Luft ist kühl und es dunkelt,
Und ruhig fließt der Rhein;
Der Gipfel des Berges funkelt
Im Abendsonnenschein.
Die schönste Jungfrau sitzet
Dort oben wunderbar;
Ihr goldnes Geschmeide blitzet,
Sie kämmt ihr goldenes Haar.
Sie kämmt es mit goldenem Kamme
Und singt ein Lied dabei;
Das hat eine wundersame,
Gewaltige Melodei.
Den Schiffer im kleinen Schiffe
Ergreift es mit wildem Weh;
Er schaut nicht die Felsenriffe,
Er schaut nur hinauf in die Höh.
Ich glaube, die Wellen verschlingen
Am Ende Schiffer und Kahn;
Und das hat mit ihrem Singen
Die Lore-Lei getan.
Die Mitternacht war kalt und stumm;
Ich irrte klagend im Wald herum.
Ich hab die Bäum‘ aus dem Schlaf gerüttelt;
Sie haben mitleidig die Köpfe geschüttelt.
Aus meinen Tränen sprießen
Viel blühende Blumen hervor,
Und meine Seufzer werden
Ein Nachtigallenchor.
Und wenn du mich lieb hast, Kindchen,
Schenk ich dir die Blumen all,
Und vor deinem Fenster soll klingen
Das Lied der Nachtigall.
Am leuchtenden Sommermorgen
Geh ich im Garten herum.
Es flüstern und sprechen die Blumen,
Ich aber, ich wandle stumm.
Es flüstern und sprechen die Blumen,
Und schaun mitleidig mich an:
Sei unsrer Schwester nicht böse,
Du trauriger, blasser Mann!